Der im Jahr 1977 vom Gesetzgeber eingeführte Ausgleich der Versorgungsansprüche, die Ehepartner während der Dauer ihrer Ehe erwerben, war in die Jahre gekommen. Ausbesserungsarbeiten des
Gesetzgebers - auch umfangreicher Natur - wie etwa das 1983 in Kraft getretene ‚Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich’ waren nicht wirklich hilfreich, Grundprobleme zu beseitigen,
die hauptsächlich darin wurzelten – und im Laufe der Jahre zu verfassungswidrigen Wucherungen geführt haben - dass nahezu alle zum Ende der Partnerschaft bestehenden und berechenbaren
Versorgungsanwartschaften in Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversiche- rung umzurechnen waren. Viel zu unterschiedlich war im Laufe der Jahre zum Beispiel die Entwicklung
der gesetzlichen Renten im Vergleich zur Entwicklung der Betriebsrenten, als dass der ‚ganzheitliche Ansatz’ des Gesetzgebers aus dem Jahr 1977 auf Dauer Bestand haben konnte.
Fachleute gehen davon aus, dass von den mehr als 4 Mio. familiengerichtlichen Versorgungsausgleichsentscheidungen seit Mitte 1977 deutlich mehr als die Hälfte von Anfang an falsch waren oder durch
die inzwischen eingetretene Entwicklung der Versorgungsansprüche falsch geworden sind. Wenige dieser falschen Entscheidungen wurden inzwischen korrigiert, obwohl rechtliche Instrumente zur Korrektur
durchaus bestanden u. bestehen.
Auch die für höhere Betriebsrentenanwartschaften von den Familiengerichten verfügte Verweisung von Ansprüchen in den ‚schuldrechtlichen Versorgungsausgleich’ hat sich als eher stumpfes Schwert
erwiesen, denn welche geschiedene Ehefrau konnte sich schon dafür begeistern, Jahrzehnte nach der Trennung bei Erreichen ihres eigenen Rentenalters den ‚Ex’ aufzufordern, ihr aus seiner schönen
Betriebsrente eine Ausgleichsrente zu zahlen.
Einen Teil der gewachsenen Probleme hat der Gesetzgeber durch das Versorgungsausgleichs-Strukturreformgesetz beseitigt, das am 01.09.2009 in Kraft trat. Diese Reform versucht die unangenehmen Folgen
des früheren ‚ganzheitlichen Ansatzes’ (Ausgleich über die gesetzliche Rentenversicherung) dadurch zu beseitigen, dass sie grundsätzlich die ‚interne Teilung’ der während der Ehe erworbenen
beiderseitigen Versorgungsanwartschaften verordnet.
Die ‚interne Teilung’ soll dazu führen, dass jeder Versorgungsträger, bei dem die Ehepartner während der Ehe Versorgungsanwartschaften erworben haben, diese Anwartschaften auf Verfügung des
Familiengerichts je hälftig auf die Ehepartner verteilen und ab Rechtskraft der Scheidung als jeweils eigenen Anspruch der geschiedenen Partner in seinen Büchern führt. So auch dann, wenn einer der
beiden Ehepartner bis zur Scheidung über gar keine eigene Versorgungsanwartschaft bei dem jeweiligen Versorgungsträger verfügt hat.
Für die geschiedene Ehefrau des Prokuristen, dem sein Unternehmen eine Firmenpension von 1.000 EUR/Monat zugesagt hat, wird also künftig eine Betriebrenten-anwartschaft von 375 EUR für dessen
geschiedene Ehefrau verwaltet werden müssen, wenn 3/4 der Firmenpension auf die Ehezeit zurück zu führen sind. Und natürlich wird die Betriebsrentenanwartschaft des Prokuristen ab der Scheidung um
die entsprechenden 375 EUR geringer.
Entsprechend ‚intern’ werden Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung oder Pensionsanwartschaften von Bundesbeamten geteilt. Auch privatrechtliche Versorgungen aus Riester-Rente,
Rürup-Rente o.ä. werden dieses Schicksal teilen.
Damit ist es endlich auch möglich, die von der gesetzlichen Rentenversicherung getrennt geführten Anwartschaften aus ‚Entgeltpunkten Ost’ und ‚Entgeltpunkten West’ gerecht auszugleichen.
Für den ‚internen Ausgleich’ der Pensionsansprüche von Landesbeamten fehlt es allerdings vorerst noch an den landesgesetzlichen Rechtsgrundlagen. Es ist zu hoffen, dass auch diese Hürden in den
nächsten Jahren fallen.
Natürlich wird auch die neue Struktur des Versorgungsausgleichs nicht alle Beteiligten begeistern. Insbesondere größere Betriebe mit zum Teil komplizierten Betriebsrenten-Richtlinien stöhnen ob der
Zusatzarbeit, die hier unter der Überschrift der Gesetzesvereinfachung zu leisten ist, obwohl viele Betriebe von der im neuen Recht vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die 'interne
Teilung' von Versorgungsansprüchen durch btriebliche Vereinbarungen abzuwählen.
Richter, Anwälte und Rentenberater, die sich mit dem Recht des Versorgungsausgleichs befassen, müssen umlernen und in den nächsten Jahren Details des neuen Rechts klären, an die der Gesetzgeber
nicht gedacht oder für unproblematisch gehalten hat.
Und schließlich erhebt diese Information nicht den Anspruch, das alte oder das neue Versorgungsausgleichsrecht vollständig dargestellt zu haben: es sollten die Schwerpunkte aufgezeigt werden; die
Details wären Stoff für mehrere Tagesseminare
© Rentenberatung Gernot Telschow, Ludwigsburg